Gottes Liebe ist bunt – Die ökumenische Fachtagung will Hintergründe erschliessen, die hinter sexuellem und spirituellem Missbrauch in der Kirche stehen.
22.02.2024

Die Ergebnisse der Missbrauchsstudie der Universität Zürich sind schockierend: Bereits nach einem ersten Forschungsjahr sind in der Katholischen Kirche Schweiz 1002 Fälle sexuellen Missbrauchs seit Mitte des 20. Jahrhunderts belegt. Die Opfer waren überwiegend Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene wurden betroffen. Die Täter waren überwiegend Männer, die in der Kirche in Machtpositionen standen.

Die Studie zeigt, dass der sexuelle Missbrauch in der Kirche ein systematisches Problem ist. Die Täter wurden oft geschützt und versetzt, anstatt zur Rechenschaft gezogen zu werden. Die Opfer wurden im Stich gelassen und ihre Erfahrungen nicht ernst genommen.

Unter dieser Spitze des Eisberges liegen Überzeugungen, Normen, Dogmen und daraus geformte Strukturen, die das institutionelle und persönliche Leben im kirchlichen Alltag prägen.

Körperfeindlichkeit und Spiritualität

Eine wichtige Rolle bei der Entstehung von sexuellem Missbrauch in der Kirche spielt die Körperfeindlichkeit, die in der christlichen Tradition tief verwurzelt ist. Der Körper wird als sündhaft und gefährlich angesehen. Sexualität wird als etwas rein Geistiges gesehen, das im Rahmen der Ehe ausgelebt werden sollte.

Dieser Körperfeindlichkeit entspricht das herrschende Priesterbild. Priester sollen keusch leben und sich von sexuellen Gedanken und Handlungen fernhalten. Dies führt dazu, dass Priester oft mit ihren eigenen sexuellen Bedürfnissen nicht umgehen können und sich an Kindern oder Jugendlichen vergreifen.

Männlichkeitskonzept und Amtspriestertum

Ein weiteres Problem ist das herrschende Männlichkeitskonzept in der Kirche. Priester werden als starke und dominante Männer gesehen, die über andere herrschen sollen. Diese Vorstellung von Männlichkeit begünstigt Machtmissbrauch und Gewalt.

Zudem wird das Amtspriestertum als etwas Besonderes und Erhabenes angesehen. Priester werden als Vermittler zwischen Gott und den Menschen gesehen. Diese Vorstellung führt dazu, dass Priester oft unantastbar erscheinen und sich an ihnen alles erlauben können.

Perspektiven für eine Kirche ohne Missbrauch

Die ökumenische Fachtagung, die im Rahmen der Missbrauchsstudie durchgeführt wurde, hat sich mit den Hintergründen von sexuellem Missbrauch in der Kirche beschäftigt. Die Fachtagung hat folgende Perspektiven für eine Kirche ohne Missbrauch aufgezeigt:

  • Eine neue Sexualmoral, die den Körper als gut und positiv ansieht.
  • Ein neues Priesterbild, das keusches Leben als eine Form von Lebensweise unter vielen anderen ansieht.
  • Eine neue Vorstellung von Männlichkeit, die auf Gleichberechtigung und gegenseitigem Respekt beruht.

Die Umsetzung dieser Perspektiven ist eine Herausforderung, aber sie ist notwendig, um sexuellen Missbrauch in der Kirche zu stoppen.

Die Fachtagung hat auch konkrete Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt, wie Missbrauch und Vertuschung in der Kirche gestoppt werden können. Dazu gehören unter anderem:

  • Eine unabhängige Aufarbeitung aller Missbrauchsfälle.
  • Eine konsequente Verfolgung und Bestrafung der Täter.
  • Eine bessere Prävention von Missbrauch.

Die Ergebnisse der Missbrauchsstudie und der ökumenischen Fachtagung sind ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer Kirche ohne Missbrauch.

Bernhard Lindner

Bernhard Lindner – Bildung und Propstei, Römisch-Katholische Kirche im Aargau
Gottes Liebe ist bunt - Bildung und Propstei – Römisch-Katholische Kirche im Aargau

Gäste

  • Pierre Stutz, katholischer Theologe, spiritueller Lehrer, Dozent und Autor
  • Dr. Stephan Loppacher, Präventionsbeauftragter des Bistums Chur
  • Elke Pahud de Mortanges, Professorin für Dogmatik und Dozentin rund um Gender und Queerness
  • Christoph Walser, Theologe, Fachmann für Männerbildung und -beratung

Veranstaltungsort: Paulus Akademie Pfingstweidstrasse 28 8005 Zürich

Kosten: CHF 120.- / CHF 90.-* inkl. Mittagessen und Pausenverpflegung

Anmeldung: Bis 18. Februar 2024 auf www.paulusakademie.ch

Leitung:

  • Csongor Kozma, Direktor Paulus Akademie
  • Daniel Ammann, Theologe und Seelsorger
  • Dr. Bernhard Lindner, Theologe und Erwachsenenbildner
Gottes Liebe ist bunt - Bildung und Propstei – Römisch-Katholische Kirche im Aargau

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